„Der fast bis auf den letzten Platz besetzte Saal zeigt, welches große Interesse in der Celler Bürgerschaft an dem Thema des Bahnaus- bzw. Neubaus besteht.“, sagte der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Christian Ceyp bei der Begrüßung der ca. 200 Besucher des Celler Stadtgesprächs zum Thema „Bahninfrastruktur – Bestandausbau vs. Neubau“ am 24. Januar 2023 auf dem Bauernhof Lehmann.
In den folgenden knapp zwei Stunden setzten sich der Hauptreferent Volker Thürk und Ceyp vor allem mit der aktuellen Vorplanung der Deutschen Bahn (DB) zum Bestandsaubau auseinander. Sie entkräfteten dabei wesentliche Argumentationsstränge der DB für eine Neubautrasse und zeigten Möglichkeiten auf, wie man mit sehr viel kleineren Eingriffen in den Bestand dennoch die Kapazität sowie eine Fahrzeitverkürzung auf der bereits vorhandenen Bahntrasse zwischen Hamburg und Hannover erreichen kann.
So erläuterte Bahnexperte Thürk u. a. in Bezug auf sognannten Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV), welches laut DB für ihre Bestandsausbauplanung schlecht ausfalle, unter Verweis auf ein Gutachten des externen Gutachters, Dr. Martin Vieregg, dass man nicht versuchen sollte, den Nutzen des Bestandes weiter zu erhöhen, sondern die Kosten durch Beibehaltung von möglichst viel Bestand zu senken.
Allgemein schlug Thürk neben der Umsetzung des seit 2015 weiterentwickelten Kompromisses aus dem Dialogforum Schiene Nord (DSN) und im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 aufgenommenen Projektes „optimiertes Alpha-E mit Bremen“ zur darüber hinausgehenden Kapazitätserweiterung im Bestand vor, dass man
- auf freier Strecke, wo keine Wohnbebauung angrenzt, lange Überholgleise schafft, sodass Güterzüge weiterfahren können und gleichzeitig Platz für die schnellen Fernverkehrszüge geschaffen wird,
- zusätzliche Weichen verbaut, die auch mit einer hohen Geschwindigkeit befahren werden können,
- das einheitliche europäische Signalsystem ETCS (European Train Control System); verbaut wird; es erhöht die Flexibilität in der Betriebsführung,
- in Bahnhöfen nur Spurplanveränderungen vornimmt und Fahrzeitverluste aus den Bahnhöfen durch höhere Geschwindigkeit vom 250 – 300 km/h auf den optimierten Zulaufstrecken wieder einfährt sowie
- Güterzügen, die nicht zum Mega-Hub Lehrte und Peine-Salzgitter fahren müssen über die Strecke Rotenburg-Verden und Entlastungskorridor Ost umroutet.
Für den Bahnhof Celle machte er zudem die Vorschläge, eine kreuzungsfreie Querung der Strecken nach Langenhagen und Lehrte durch ein Tunnelbauwerk zu schaffen und den Kurvenradius der Ausfahrt nach Langenhagen für höhere Geschwindigkeiten zu erweitern.
Aufgrund des zu erwartenden Verkehrszuwachses forderte Thürk, dass der Lärmschutz in den Siedlungsbereichen entlang der Bestandsstrecke auf das technische Optimum gebracht wird, wie es auch in den „Bedingungen für einen Konsens in der Region“ im Abschlussdokument des DSN vereinbart wurde.
Der Ortsbürgermeister von Boye, Heiko Gevers berichtete im Anschluss, welche Auswirkungen eine etwaige Neubautrasse für unsere Natur- und Landschaftsräume hätten und mit welchen Problemen einem solchen Neubau verbunden wären.
Bei der sich anschließenden Diskussion beteiligte sich u. a. auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann. Allgemein waren etliche Mandats- und Funktionsträger anderer Parteien anwesend.
Während der Veranstaltung kam bei den Aussagen der Referenten pro Bestandsausbau im Sinne des „optimiertes Alpha-E mit Bremen“ regelmäßig Beifall auf.
Fotos: Susanne Völkers, Kristof Stolze